Wie reagieren die Menschen, deren Bitten du ablehnst?
Josuha: Die Menschen sind insgesamt immer dankbar für
das, was ich dort bereits getan habe. Ich bekomme aber
auch mit, dass manche Menschen sagen: „Schau mal, der
Guilavogui macht das gut, aber er hat nicht dieses oder
jenes gemacht.“ Deshalb muss ich stets ein klares Ziel
von dem vor Augen haben, was ich erreichen möchte
und manchmal auch streng sein.
Als erster Kapitän in der Fußball-Bundesliga der Männer bist
du mit der Regenbogen-Kapitänsbinde aufgelaufen und bist
damit Nilla Fischer gefolgt, die als VfL-Spielführerin bereits 2017
dieses Zeichen setzte. Was bedeutet dir diese Aktion?
Josuha: Wir wollten ein Zeichen gegen Diskriminierung und
für Toleranz setzen. Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass
uns dabei eine solche Welle der Solidarität entgegenschlägt.
Mittlerweile gibt es viele Mannschaften überall auf der Welt,
die unserem Beispiel gefolgt sind und ebenfalls die Regenbogenfarben
am Arm tragen. Es macht mich unglaublich stolz.
Niemand kann sich vorstellen, wie viele Fans mich gefragt
haben, ob sie auch so eine Binde haben könnten. Ich habe erst
kürzlich wieder ein Spiel aus England gesehen, wo der Kapitän
die Regenbogenbinde trug. Ich finde es einfach toll.
Wie waren die Reaktionen damals?
Josuha: Ich habe überwiegend positive Nachrichten erhalten.
Aber es gibt eben auch genügend dumme Menschen, die mit
homophoben Äußerungen auffallen. Ich bin Ausländer, habe
afrikanische Wurzeln und bin der Kapitän des VfL Wolfsburg.
Ich finde das Statement des Vereins, mich mit diesem Kapitänssymbol
auflaufen zu lassen, einfach geil. Es ist ein tolles Zeichen
und für mich persönlich etwas ganz Besonderes.
In der Hinrunde habt ihr zwei Spiele bestritten, die für dich
ganz besonders waren. In der Europa League wurde euch
bei der Auslosung im Sommer tatsächlich dein Jugendverein
AS St. Etienne zugelost. Erinnerst du dich noch an den
Moment, als du vom Los erfahren hast?
Josuha: Ich habe mir diesen Gegner natürlich gewünscht und
auch im Sommer mit einem Spieler der AS schon Späße über
ein mögliches Duell gemacht. Aber ich habe nicht wirklich
daran geglaubt, dass es tatsächlich so kommen würde. Als
die Auslosung anstand, saß ich im Auto und habe dann einen
Anruf von Daniel (Anm. d. Red.: Ginczek) bekommen, der mich
fragte, ob ich mal raten möchte, gegen wen wir spielen. Da
wusste ich schon, dass wir tatsächlich auf St. Etienne treffen.
Das hat mich natürlich unbeschreiblich gefreut. Ich bin mit
14 Jahren mit dem Traum, Fußballprofi zu werden nach,
St. Etienne gekommen. Ich war dort, bis ich 22 wurde und
das ist genau die Zeit, in der man erwachsen wird. Ich habe
so viele schöne Erinnerungen in meinem Kopf und ich komme
aus dieser Akademie. Es war einfach eine tolle Geschichte, mit
dem VfL dorthin zurückzukommen.
Wie viele Karten musstest du für das Spiel in St. Etienne
besorgen? Hast du viele bekannte Gesichter treffen können?
Josuha: Insgesamt habe ich 93 Tickets gekauft. Es war wirklich
schön, aber auch sehr viel Stress (lacht). In der Mannschaft sind
natürlich noch einige, die ich von damals kenne. Ich glaube
sogar, ich kenne fast jede Person im Verein. Die Sicherheitsleute,
Greenkeeper bis hin zu den Medienreferenten. Ich hätte
natürlich gern die Akademie besucht, um noch einige mehr zu
treffen, aber dafür war leider zu wenig Zeit. th
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