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Hedvig Lindahl hat gut lachen: An ihrer aktuellen Wirkungsstätte im Allerpark fühlt sich die Torhüterin pudelwohl.
unser Tor. Dort habe ich immer mit meinen drei Geschwistern
gekickt“, verrät die heute 37-Jährige. Schon in jungen Jahren –
und daran hat sich bis heute nichts geändert – wusste Lindahl,
dass im Fußball ihre Zukunft liegen würde. „Ich habe schon früh
damit angefangen, offen zu sagen, dass ich Fußballerin werden
wollte. Ich sah die männlichen Spieler im Fernsehen und wusste:
Das ist mein Traum.“ Schnelle Autos, das große Geld, von Fans
umjubelt – so hatte sich Lindahl ihr Leben als Fußballerin vorgestellt,
während sie im heimischen Garten das Apfelbaum-Tor
verteidigte. Früh folgten erste Einladungen zu Auswahlteams,
zunächst auf regionaler, ab der U15 dann auch auf nationaler
Ebene. Mit 17 Jahren entschied sich die Torhüterin endgültig für
den Profifußball, zog aus dem Elternhaus aus und wechselte zum
Profiverein Malmö FF, dem heutigen FC Rosengard, 500 Kilometer
von ihrem Heimatdorf nahe Katrineholm entfernt. Trotz
großen Zuspruchs nagten immer wieder Zweifel am eigenen
Talent an der ehrgeizigen Teenagerin. „Ich war mir nie sicher,
ob ich für die Auswahlmannschaften nominiert werden würde.
Ich wusste, dass ich gut bin. Aber ich hatte Zweifel, ob ich auch
gut genug bin“, verrät sie. „Ein paar Tage vor Bekanntgabe des
Kaders stand ich jedes Mal total unter Stress. Ich habe jedes Mal
davon geträumt, kurz vor der Abreise krank zu werden oder nicht
nominiert zu sein.“ Doch sie wurde nominiert, 2002 gab sie ihr
Debüt in der A-Nationalmannschaft, nur ein Jahr später fuhr sie
mit zur WM in die USA. Ihr erstes großes Turnier.
Gegen Deutschland zerplatzt der Traum
Sonntag, 12. Oktober 2003: Der Dignity Health Park in Carson
steht Kopf. Gerade hat Nia Künzer die deutsche Frauen-Nationalmannschaft
im Finale gegen Schweden per Golden Goal zum
Weltmeistertitel geköpft. Für Lindahl ging ihre erste Weltmeisterschaft
also mit einer Niederlage, aber auch mit der Silbermedaille
im Gepäck zu Ende. Dieser bittersüße Erfolg war für
die damals 20-Jährige die Erfüllung ihrer Träume – das dachte
sie zumindest. „Ich glaubte, dass jetzt jeder weiß, wer ich bin.
Ich dachte, ich bin berühmt. Für mich war Berühmtheit einer
der Gründe dafür, warum ich Fußballerin werden wollte.“ Zwar
erwartete die schwedische Nationalmannschaft bei ihrem
Heimflug eine Eskorte der schwedischen Luftwaffe „und ich
dachte: ‚Wow, ich habe es geschafft‘“. Angekommen in der
Heimat wurden Lindahl und Co. allerdings schnell wieder auf den
Boden der Tatsachen zurückgeholt: Der große Ruhm blieb aus,
vor allem Lindahl als dritte Torhüterin im Aufgebot war nach wie
vor ein unbeschriebenes Blatt. „Und da wurde mir zum ersten
Mal klar: Es macht einen großen Unterschied, ob du als Frau oder
als Mann eine Medaille bei der Weltmeisterschaft gewinnst. Das
war eine große Erkenntnis für mich. Ich habe erkannt, dass ich
meinen Traum vom Leben als Fußballerin nie so leben kann, wie
ich mir das immer ausgemalt habe.“ Diese Erkenntnis hinterließ
Spuren bei der Keeperin. „Ich habe mich sehr schlecht gefühlt.
Ich hatte eine harte Zeit.“
Trotz Arsenals Interesse: Lindahl bleibt in Schweden
Auch die Rahmenbedingungen in der schwedischen Liga
machten Lindahl zu schaffen. Schlechte Bezahlung, mangelnde
Professionalität, schlechtes Marketing – während ihrer Zeit in der
heimischen Liga hängte sie noch eigenhändig Spieltagsposter
auf - und fehlende Anerkennung: Lindahl war mit ihrer Situation
nicht zufrieden. Schon früh in ihrer Karriere hätte Lindahl ihr
Heimatland verlassen können, denn 2007 klopfte der FC Arsenal
bei der damals 24-Jährigen an. Landsmann Freddie Ljungberg,
damaliger Spieler, späterer Co-Trainer beim VfL Wolfsburg und
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