Lindahl kann im WM-Halbfinale 2011 eine Flanke nicht entscheidend klären und muss dabei zusehen, wie die Japanerinnen zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung treffen.
Nach diesem Spiel gerät Lindahl in Schweden in die Kritik.
heutiger Co-Trainer des englischen Traditionsvereins, rief sogar
bei der Torhüterin an, um sie davon zu überzeugen, auf die Insel
zu wechseln. Lindahl aber blieb in Schweden, weil die Liga in
England zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ihren heutigen
Standard erreicht hatte. „Schweden und Deutschland hatten
die besten Ligen in Europa für viele, viele Jahre. Warum hätte
ich also wechseln sollen? Ich wollte immer in der Umgebung
sein, in der ich die Beste werden konnte“, erklärt Lindahl ihre
Entscheidung, insgesamt 13 Jahre lang in der schwedischen
Liga gespielt zu haben. Auch das Interesse aus Amerika und vom
aktuellen Seriensieger der UEFA Women’s Champions League,
Olympique Lyon, konnten die Keeperin nicht locken. Die Nähe
zu ihrer Familie und die Liebe zu ihrem Heimatland hielten sie
in Schweden. „Ich wollte die Qualität der schwedischen Liga
erhalten und dachte, dass nicht jede Nationalspielerin gehen
kann. Ich hatte das Gefühl, dass ich in dieser Hinsicht eine
Vorreiterrolle einnehmen musste.“ Mehr und mehr Nationalmannschaftskolleginnen
wie Lotta Schelin oder Kosovare Asllani
suchten ihr fußballerisches Glück in Frankreich, Jessica Lindström
ging zum 1. FFC Frankfurt und Nilla Fischer schloss sich
dem VfL Wolfsburg an. Lindahl blieb in Schweden und hatte das
Gefühl, den Absprung verpasst zu habe. 2012 wurde sie zudem
von einem Kreuzbandriss ausgebremst, bei der Weltmeisterschaft
2011 machte sie nicht immer eine gute Figur im schwedischen
Tor und wurde dafür heftig in den Medien kritisiert. Keine
gute Ausgangslage für mögliche Vertragsverhandlungen mit
anderen Vereinen. „Die Kritik war sehr schlimm und hat mich
getroffen, auch wenn sie teilweise berechtigt war“, gibt Lindahl
zu. „Ich habe in Schweden festgesteckt. Ich hatte genug von
der schlechten Bezahlung und den strukturellen Problemen.
Rückblickend bin ich vielleicht zwei Jahre zu lange in Schweden
geblieben.“ 2015 erst wagte Lindahl den Schritt ins Ausland:
Chelsea FCW war auf der Suche nach einer Torhüterin, Lindahl
ergriff die Chance. „Ich dachte: England? Wirklich? Ich stand auch
mit Potsdam in Kontakt, aber Chelsea konnte mehr bezahlen
und meine Frau und ich mussten irgendwie unsere Familie
finanzieren.“ Erst mit 30 Jahren verließ die Schwedin also ihre
Heimat, um im fußballverrückten England Teil zwei ihrer Karriere
zu starten. In diesem Alter denken andere schon ans Aufhören,
Lindahl blühte noch einmal richtig auf.
Lindahls zweiter Frühling
Mittlerweile gilt die englische als eine der besten Ligen der
Welt. Im Jahr 2015, als die Schwedin nach England kam, sah
das noch ganz anders aus. „Wir mussten unsere Trikots selber
waschen, wir hatten nur eine kleine Kabine, in der wir nur unsere
Fußballschuhe abgestellt haben und die Trainingsmentalität
war wirklich nicht beeindruckend. Sie sagten, sie glauben nicht
an Krafttraining, also gab es auch kein Krafttraining“, erzählt
Lindahl kopfschüttelnd. Während ihrer Zeit beim Chelsea FCW
hat sich allerdings einiges verändert. „Ich war die Erste, die eine
Diskussion über bestehende Probleme angefangen hat“, so
die 37-Jährige. „Ich habe von vielen Spielerinnen gehört, dass
sie nicht zufrieden waren mit vielen Dingen. Also bin ich auf
Emma (Hayes, Trainerin, Anm. d. Red.) zugegangen und habe
vorgeschlagen, dass wir uns alle zusammensetzen und jeder
aufschreibt, was verbessert werden soll.“ Diese Vorschläge
hat sich der Verein zu Herzen genommen und nach und nach
einzelne Punkte umgesetzt. Mittlerweile spielen die Blues in der
UEFA Women’s Champions League und gehören zu Englands
Top-Klubs. Dank der verbesserten Rahmenbedingungen erlebte
Keeperin Lindahl in England den zweiten Frühling ihrer Karriere,
90 | LEITWÖLFIN