Trikot des VfL Wolfsburg möchte Lindahl noch häufig jubeln – am liebsten über den UWCL-Titel.
die sie tut, sind sehr gut. Andere Dinge nicht. Aber sie ist diejenige
mit dem meisten Einfluss im Moment. Also muss sie auch
die beste Spielerin sein“, kommentiert Lindahl achselzuckend.
Betrachte man nur die Statistiken, dann sei Samantha Mewis
die beste Spielerin der USA bei der WM gewesen. „Aber wer
weiß, wer Samantha Mewis ist? Wen interessiert es überhaupt,
wer tatsächlich die Beste ist? Niemanden! Du hast über zwei
Millionen Follower auf Instagram? Oh, dann musst du die Beste
sein!“ Lindahls Frustration über diese Entwicklung ist kaum zu
überhören. Polarisieren und sich selbst darstellen, das ist so
gar nicht ihr Ding. Auf ihre Außenwirkung gibt die Torhüterin
nicht viel. „Es fühlt sich zwar so an, als müsste man das heutzutage
machen, aber ich werde niemals jemand sein, der coole
Klamotten trägt. Das bin ich nicht. Ich bin diejenige, die lieber mit
fettigen Haaren durch die Gegend läuft und dafür Extraeinheiten
absolviert, damit ich besser werde. Diese Art Vorbild möchte ich
sein!“ Glaube daran, die Nummer eins zu sein und handle, als
wärst du die Nummer zwei: An diesen Grundsatz hat sich Lindahl
stets gehalten. Ihr Erfolg gibt ihr Recht.
„Wie viel besser könnte Frauenfußball sein?“
Lindahl hat es als eine der weltbesten Torhüterinnen geschafft,
von ihrem Sport zu leben. Ein goldenes Näschen konnte sie
sich dennoch nicht verdienen. „Ich habe früher teilweise nicht
viel Geld bekommen. Es war sehr schwierig“, gibt Lindahl zu.
Dennoch kann sie sich glücklich schätzen. Schließlich gehört
sie zu den wenigen Fußballerinnen, die sich ihren Lebensunterhalt
mit ihrem Sport verdienen können. „Wenn wir den Anteil
der Spielerinnen, die vom Fußball leben können, kontinuierlich
steigern können – wie viel besser könnte dann der Frauenfußball
sein?“ Den in Spanien entfachten Kampf um einen Mindestlohn,
den Spielerinnen der Primera Iberdrola gemeinsam mit
Fußball-Gewerkschaften und der Unterstützung von FIFPro
führen, unterstützt Lindahl. „Ich denke, das ist etwas, das wir
vorantreiben sollten. Wenn wir unser Spiel verbessern wollen,
müssen wir auch die Voraussetzungen verbessern, sonst geht
das nicht. Nur so können wir den Frauenfußball als Produkt
verbessern.“ Den Kampf um angemessenes Gehalt hat auch
Lindahl bereits geführt, als 2017 Verhandlungen über die
Verträge der schwedischen Nationalspielerinnen anstanden. Der
Vertrag, der den Spielerinnen vorgelegt wurde, versprach etwas
mehr Geld als der vorherige, „aber ich habe gesagt: ‚Nein, ich
denke nicht, dass das ein guter Vertrag ist. Er ist besser als der
alte, aber er ist nicht gut genug‘.“ Lindahls Widerstand machte
Eindruck. Der schwedische Verband kam seinen Spielerinnen
entgegen und unterbreitete ihnen einen besseren Vertrag.
Komplett zufrieden damit ist die 170-fache Nationalspielerin
dennoch nicht: „Es hätte noch besser sein können.“ Typisch
Lindahl: Sie ist Idealistin und gibt sich nicht mit Dingen zufrieden,
die aus ihrer Sicht nicht optimal laufen. „Gut oder besser als
früher - das ist nicht gut genug. Wir können exakt die gleichen
Möglichkeiten erwarten, wie sie auch Männer bekommen: Die
gleiche Anzahl an Physiotherapeuten, das gleiche Essen und die
gleichen Trainingsbedingungen.“
Leben nach der aktiven Laufbahn
Im Sommer wollte die 37-Jährige eigentlich ihre fünften Olympischen
Spiele mit der schwedischen Nationalmannschaft erleben.
Nun wurde die Großveranstaltung aufgrund des Coronavirus
auf
das kommende Jahr verlegt. Ob Lindahl mit dann 38 Lenzen noch
das schwedische Tor hütet, wird sich zeigen. Mit den Wölfinnen
ist Lindahl aktuell noch in allen drei Wettbewerben – MeisterIm
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