KREUZBANDRISS – NA UND?
Hedvig Lindahl ist nicht die erste Fußballerin, die sich während
eines Spiels für ihren damaligen Verein Kristianstads DFF einen
Kreuzbandriss zuzieht. Aber trotz Verletzung von den eigenen
Trainern dazu gezwungen zu werden, die Partie zu Ende zu
spielen und im Nachgang beschuldigt zu werden, dass man selbst
darauf bestanden habe, auf dem Feld zu bleiben – das dürfte
noch nicht allzu oft vorgekommen sein. Hedvig Lindahl hat genau
das 2012 erlebt. „Das muss man sich mal vorstellen. Das ist noch
gar nicht so lange her“, meint Lindahl kopfschüttelnd. Heute kann
die Torfrau über diese absurde Geschichte lachen. Damals aber
muss sie gedacht haben, im falschen Film zu sein. 70 Minuten
waren gespielt, als sich Lindahl in jenem denkwürdigen Spiel am
Knie verletzte. Da ihre Mannschaft zu dem Zeitpunkt noch keinen
Physiotherapeuten oder Teamarzt hatte, kam der Co-Trainer als
Ersthelfer auf den Platz. „Mir war sofort klar, dass etwas im Knie
kaputt ist.“ Da die Mannschaft an diesem Tag aber auch keine
zweite Torhüterin auf der Bank hatte, entschieden die Trainer,
ihre verletzte Keeperin nicht auszuwechseln.
„Ich soll es mal
probieren, haben sie gesagt. Das habe ich dann auch gemacht,
aber das war natürlich vollkommen sinnlos. Sobald ich etwas
Gewicht auf das rechte Bein verlagert habe, ist mein Knie weggeknickt“
– typisch für einen Kreuzbandriss. Da sich Lindahl nicht
bewegen konnte, landete ein eigentlich harmloser Torabschluss
der Gegner im Netz, eingeschlagen in der kurzen, der Torwart-
Ecke. „Was haben sie erwartet, ich konnte mich nicht bewegen.“
Auch als Lindahl auf einem Bein an die Seitenlinie hüpfte und die
Trainer darum bat, doch bitte vom Feld genommen zu werden,
stieß sie auf taube Ohren. „Ich habe durchgespielt und musste
nachher im Internet lesen, dass ich angeblich weiterspielen
wollte und stand damit in der Öffentlichkeit auch noch schlecht
da. Unglaublich.“ Allerdings.
schaft, Pokal und Champions League – im Rennen um die Titel.
„Diesen Frühsommer dreht sich alles um Titel. Die Champions
League zu gewinnen, das wäre großartig! Nilla Fischer hat die
Champions League gewonnen, Lotta Schelin hat sie gewonnen,
Caroline Seger hat sie gewonnen – und ich will eine der großen
Vier sein.“ Mit 37 ist Lindahl also immer noch titelhungrig.
Trotzdem drängt sich langsam aber sicher die Frage auf, wann
die zweifache Mutter ihre Fußballschuhe an den Nagel hängen
möchte. „Ich werde zuerst im Nationalteam aufhören, aber ich
weiß nicht, wann das sein wird. Dann werde ich noch ein paar
Jahre im Verein spielen. Es geht um Motivation und darum, wie
sich mein Körper anfühlt. Aber ich merke: Es wird schwieriger.“
Und was kommt nach der aktiven Karriere? Da ist sich Lindahl
ausnahmsweise nicht ganz sicher: „Ich werde mich fit halten,
damit ich auch mit 42 noch mal einspringen kann, wenn ein
Verein bei mir anklopft und kurzfristig eine Torhüterin braucht.“
Außerdem ist eine Laufbahn als Trainerin für Lindahl durchaus
denkbar, immerhin hat die Keeperin bereits einen Trainerschein in
der Tasche. Für die Europameisterschaft 2013 in Schweden war
sie Botschafterin, hat damals bei der Vermarktung der Großveranstaltung
mitgeholfen und könnte sich durchaus vorstellen, im
Marketingbereich im Namen des Frauenfußballs für Sichtbarkeit
und Anerkennung zu kämpfen. „Wenn ich träumen dürfte, würde
ich ein Unternehmen leiten, das irgendwie mit Fußball verstrickt
ist.“ Sicher ist: Auch nachdem sie ihre Laufbahn beendet, möchte
sie dem Fußball erhalten bleiben. Sie möchte ihren großen
Erfahrungsschatz, das wertvolle Wissen über das Profigeschäft
und ihre ganz persönliche Geschichte weitertragen. „Es gibt noch
so viel mehr zu sagen. So viele Geschichten zu erzählen. Vielleicht
sollte ich einfach ein Buch schreiben“, meint Lindahl grinsend.
Das wäre bestimmt lesenswert. mst
Mittlerweile denkt Lindahl über ihr Karriereende nach – dann bleibt auch mehr Zeit für Kartenspiele mit der Familie.
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