Eine Wolfsburger Institution: Farkaszinski im Jahr 1973.
Dauerhaft in der Regionalliga-Spitze: Unter dem Ungarn spielten Manfred Mattes
(links vorne) und Kollegen regelmäßig ganz oben mit.
Hausbesuch in Budapest: Farkaszinski auf dem heimischen Balkon im Jahr 2011.
IMRE FARKASZINSKI (91 †):
DENKMAL MIT HORNBRILLE
Wollte man die Geschichte des VfL Wolfsburg in zwei grobe
Hälften zerteilen, dann könnte der Mittellandkanal ihre
Grenze markieren. Auf der einen Seite stünde der heutige
hochmoderne, international ausgerichtete und auf allen
Spielfeldern nach höchsten Zielen strebende Klub. Die
Meisterschaft, der Pokalsieg, 72 Europapokalspiele und die
maschinenartig titelsammelnden Frauen stünden sinnbildlich
für diese Zeit. Alles Vorherige würde man zu einem Gutteil mit
ihm verbinden, Imre Farkaszinski, der allein schon deswegen
zur grün-weißen Legende taugt, weil er mit (netto) 13 Jahren
länger im Amt blieb als jeder andere VfL-Cheftrainer sonst.
Verewigt in vier VfL-Jahrzehnten
Die Spannweite seines Wirkens ist gewaltig: Als der Ungar
1958 erstmals beim VfL auf der Bank saß, spielten die Grün-
Weißen noch in der Oberliga Nord. Noch im Jahr 1983 sprang
er ein letztes Mal als Feuerwehrmann ein. Dabei schien „Farka“
anfangs nur ein kurzes Intermezzo zu bleiben: Den Abstieg aus
der höchsten Spielklasse konnte er nicht abwenden, ließ die
Wölfe zugunsten des Stadtrivalen 1. FC anschließend sitzen.
Doch 1966 kehrte er zurück und prägte ab diesem Moment
eine Ära. Mit einem neuen Spielsystem lockte Farkaszinski die
besten Spieler aus der Region und formte eine Mannschaft,
die sich über Jahre in der Regionalliga-Spitze hielt. „Speziell in
der Zeit von 1969 bis 1971 waren wir unheimlich stark. Unser
Sturm mit Manfred Wichmann, Wölfi Krause und Wilfried
Kemmer war der beste in ganz Norddeutschland“, gab er
einmal zu Protokoll. Herzstück seines Wirkens war die Saison
1969/1970, in der es Grün-Weiß über die Aufstiegsrunde um
ein Haar bis in die Bundesliga schaffte.
Stadtbekannt auch im Hauptberuf
Bis 1974 blieb Farkaszinski ein Wolf. Nachdem er den VfL
in die neue zweite Liga geführt hatte, konzentrierte er sich
auf den Lehrerberuf, um nach einem Abstecher zu Union
Salzgitter aber doch wieder am Elsterweg zu landen und
sich fortan um den grün-weißen Nachwuchs zu kümmern.
Der Ruhestand – nach langen Berufsjahren als Sportlehrer
am Wolfsburger Ratsgymnasium – und vor allem das
Zusammenfallen des Ostblocks nutzte das Trainer-Denkmal
zur Rückkehr in sein Heimatland, dem es 1956 den Rücken
gekehrt hatte. Dort, in Budapest, spürte ihn die VfL-Redaktion
im Jahr 2011 wieder auf. Das ausführliche Interview, das er
über seine fast 30 Jahre am Mittelandkanal in jenen Tagen
gab, findet sich noch immer auf der VfL-Homepage sowie
im Bewegtbild in der VfL-FußballWelt. Bis zu seinem Tod
im Jahr 2015 im Alter von 91 Jahren hielt Farkaszinski zum
VfL Wolfsburg engen Kontakt. mg
53
UNTER WÖLFEN MAGAZIN
URGESTEINE |