Ehrenschulden: Für die erste Meisterschaft muss Schmidt seinen Kopf hinhalten.
„Kulle“ im Jahr 2006….
… und heute
Jedes Jahr kommen neue Gesichter an den Elsterweg.
Viele bleiben länger, manche sind schneller wieder weg,
aber ein Mann ist immer geblieben: Jörg Schmidt, von
allen nur „Kulle“
genannt. Er war schon da, als die
Frauenabteilung
des VfL Wolfsburg noch gar nicht existierte.
Es war der 1. Juli 2003. An seinen ersten Arbeitstag kann
er sich nicht mehr erinnern. An dem Tag wurde aus der
Frauenmannschaft des WSV Wendschott der VfL Wolfsburg.
Anfangs blieb alles beim Alten, wenn man vom Namen
absieht. Trainiert wurde weiterhin drei Mal die Woche in
Wendschott. Was sich seitdem verändert hat? „Ich bin älter
und dicker geworden. Meine Haarfarbe hat sich mehr dem
Naturton angepasst. Früher war ich öfter mal sehr blond“,
lacht „Kulle“.
Mit den Strukturen gewachsen
Es ist viel passiert in diesen 15 Jahren. Ein Umzug an den
Elsterweg folgte. Der Frauenfußball ist professioneller
geworden und nicht nur der Sport: Auch „Kulle“ ist mittlerweile
ein fester Bestandteil des Teams. Anfangs machte er es
nebenbei: Schule, Zivildienst und eine Ausbildung ließen sich
gut mit dem späten Training der Mannschaft verbinden. Jetzt
ist er hauptberuflich Betreuer des Teams. „Irgendwann hat es
sich so ergeben. Der Aufwand wurde immer größer. Früher
trainierte die Mannschaft drei Mal die Woche. Mittlerweile
arbeitet
sie häufig zwei Mal am Tag.“ Während des Trainings
ist es für ihn ruhig. Da packt er die Kisten fürs Wochenende.
Vor und nach dem Training steht Wäsche auf dem Programm.
Er ist für seine Spielerinnen da, kennt alle Geschichten.
Riskante Wette mit Poetzsch
In seinem Dunstkreis holten die Wölfinnen Trophäen am
Fließband, macht sich in ganz Europa einen Namen. Er war
bei jedem Titel Teil des Teams. Besonders gern erinnert er
sich an den Champions-League-Sieg 2014 in Lissabon. Im
Spiel ging es hin und her, aber er blieb gelassen: „Ich bin
ruhiger geworden mit der Zeit.“ Auch der direkte Wiederaufstieg
2006 gehört in seine persönliche Spitzengruppe.
Bei Mannschaft und Fans kursieren ebenfalls Lieblings-
„Kulle“
Momente“: Seien es witzige Storys mit Schienbeinschonern
oder blutgetränkten Trikots, die am Spielfeldrand
mit Mineralwasser gereinigt werden. Eine der legendärsten
Geschichten:
Auf der Weihnachtsfeier 2012 wettete
Schmidt mit Stadionsprecher Georg Poetzsch um den
Saisonausgang – und musste, als Grün-Weiß den Meistertitel
tatsächlich holte, dessen Frisur übernehmen. Poetzsch
höchstpersönlich ließ es sich am Ende nicht nehmen,
„Kulle“
noch auf dem Spielfeld die Haare abzurasieren. lmr
JÖRG SCHMIDT (36):
DIENSTÄLTER ALS DIE ABTEILUNG
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