Wissenschaft für sich
Auf fünf verschiedenen Wetter-Apps prüft Peter Sauer mehrmals
täglich die Wetterlage in Wolfsburg. Der erfahrene Head-Greenkeeper
sorgt mit seinem 14-köpfigen Team für die perfekte
Spielfläche – eine Herausforderung, der sich die Mitarbeiter täglich
aufs Neue stellen. Rasenpflege ist eine Wissenschaft für sich, in
Großbritannien und den USA sogar eine akademische Profession.
In den Vereinigten Staaten holte sich auch der 46-Jährige den
letzten Feinschliff für seinen Beruf. Sauer, der einst als Chemikant
seine Brötchen verdiente und dessen Eltern ein landwirtschaftliches
Unternehmen mit Spargelanbau betrieben, entwickelte
sich vom Quereinsteiger zum deutschlandweit bekannten
Rasenspezialisten. Seit 2015 verantwortet er bei den Wölfen als
Chef-Greenkeeper die Plätze rund um die Volkswagen Arena, im
AOK Stadion, der VfL-Fußball.Akademie und natürlich auch den
„heiligen“ Rasen innerhalb des Wohnzimmers der Wölfe-Profis.
Beim erneuten Blick auf die Wetter-App ist Sauer zufrieden. Mit
den aktuellen Januar-Temperaturen zwischen sechs und acht Grad
kann der Fachmann gut umgehen. Während Süddeutschland im
Schnee-Chaos versinkt, konnte in Wolfsburg sogar die Rasenheizung
ausgeschaltet
werden. Ob er auch Lust auf eine Schneeballschlacht
hätte? „Auf einer Skala von eins bis zehn, liegt mein
Wunsch nach Schnee bei minus drei“, zeigt Sauer deutlich, dass er
die weißen Flocken so gar nicht vermisst. „Aufgrund des dichten
Rasenbestands bleibt der Schnee oben auf der Pflanze liegen
und taut nicht ab. Wir müssten die Plätze per Handarbeit von der
Last befreien. Wir haben zwar 30 bis 40 Schneeschieber, nutzen
unsere Arbeitszeit aber lieber an anderer Stelle.“
Peeling in der Sommerpause
Während sich der Rasen beim Hobbygärtner um diese Jahreszeit
im Winterschlaf befindet, hat das Team der VfL-Rasenpflege
bereits im Sommer seine Hausaufgaben mit Bravour
erledigt. So regenerierte in der Liga-Pause nicht nur die
Mannschaft, sondern auch der innovative Hybrid-Rasen (eine
Kombination aus Natur- und Kunststoffrasen) an und in der
Volkswagen
Arena.
Zentimeter
für Zentimeter wurde das natürliche
Grün abgeschält,
Sand aufgefüllt und Samen nachgesät.
Diese Peeling-Kur auf dem Spielfeld in der Volkswagen Arena
sowie auf den Trainingsplätzen A und D machten die Plätze nach
sechs bis acht Wochen
wieder bespielbar. Dank der robusten
Eigenschaften
der Kunstfaser, die 18 Zentimeter tief verarbeitet
ist, hält der Rasen auch den aktuellen Witterungsbedingungen
stand. Die Hybridrasensysteme
haben in England ihren Siegeszug
begonnen
und sich inzwischen auch in vielen Bundesliga-Stadien
durchgesetzt. Nahezu täglich wird dieser gemäht – per
Hand. „Das dauert zweieinhalb bis drei Stunden pro Platz.“ Sauer
ist ein ruhiger Mann, der sich für keine Arbeit zu schade ist. Auch
wenn er der Head-Greenkeeper ist, packt er bei allem genauso
an wie seine Mitarbeiter. „Rasenmähen macht einfach Spaß.
Man muss nicht nachdenken, nur hinterherlaufen.“ Im Durchschnitt
kommt er am Tag auf 13 bis 15 Kilometer zurückgelegte
Strecke. Für die Arbeit ist eine gute körperliche Konstitution
wichtig, immerhin arbeiten die Platzpfleger bei Wind und
Wetter draußen und müssen gut zupacken können. Ob er nach
Feierabend noch Lust auf einen Spaziergang mit seiner Frau
Bettina hat? Sauer schmunzelt: „Wir haben einen Hund.“
Lesen Sie weiter Seite 47.
Grün machen: Wie schaut für Peter Sauer der perfekte Fußballrasen aus? Saftig und geschmeidig soll er sein und vor allem belastbar.
NACHGEHA(R)KT | 45
UNTER WÖLFEN MAGAZIN