90 ZEITLUPE
90er
ZWEI PAAR HANDSCHUHE
NICHT NUR IN DEN 90ERN: DIE ÄRMSTE SAU AUF DEM PLATZ
IST DER TORWART BESONDERS IM WINTER
Mit der Mode des auslaufenden alten Jahrhunderts ist es so eine
Sache. Kaum vorstellbar scheint es Stand heute, dass Arschgeweihe,
Netz-Oberteile oder Plateau-Schuhe jemals wieder
angesagt sein werden. Von gewissen Fußballerfrisuren ganz zu
schweigen. Innerhalb der Zunft gab es jedoch Trends, denen
man durchaus nachtrauern darf. „Ich komme noch aus einer Zeit
der Ellenbogenpolster. Die waren bei Kälte wirklich nützlich“,
lächelt Burkhard Kick. Hört man seinen Beschreibungen zu, dann
war ihm die Extra-Verpackung durchaus zu gönnen. Während
Feldspieler auch bei fiesestem Frost nach kurzer Zeit auf Betriebstemperatur
kommen, hat es der Schlussmann – vor allem
bei Unterbeschäftigung – naturgemäß schwerer. „Man ist kaum
auf dem Platz, da sind die Hände und Füße schon beinahe taub.“
Heute ganz gerne im Schnee
Wer die Wölfe durch die 90er Jahre begleitet hat, der hat vom
scheinbar ewigen Drittligafrust bis zur UEFA-Cup-Euphorie eine
Menge erlebt. Schon die Zeitspanne von 1991 bis 1993, in der
Kick das grün-weiße Tor hütete, birgt reichlich Erzählstoff. Als
gescheiterter Meister des Vorjahres stieg der VfL 1992 nach
einer knüppelharten Aufstiegsrunde mit dem FC Berlin, Union
Berlin und dem FSV Zwickau endlich auf, bekam kurzzeitig die
Lizenz entzogen, um dann aber doch in der 24 Teams (!) starken
2. Liga zu starten und dort eine Mammutsaison zu spielen. „Eine
sehr intensive Zeit“, fasst der 50-Jährige treffend zusammen,
den wir für diese Zeilen kurz vor der Abreise in den Skiurlaub
erwischen. Ein Winterfan war er als Aktiver dennoch ausdrücklich
nicht. „Als Torwart ist es eine sehr bescheidene Sache, im
Winter zu spielen. Man könnte auch sagen: ein Alptraum.“
Fiebern auf den Pausenpfiff
Auf Amateurplätzen sieht man sie bis heute: Die Radlerhose
war im vorletzten Jahrzehnt zwischen Herbst und Frühjahr ein
beliebtes Utensil. „Zeitweise war die auch bei mir im Einsatz,
manchmal habe ich mir auch Schals umgebunden oder Wärmesalbe
benutzt“, erinnert sich Kick. Zumindest im Training habe
er unter den normalen Handschuhen mitunter gar ein zusätzliches
Paar aus Baumwolle versteckt. Während der Spiele aber
halfen im Grunde nur Schüsse aufs Tor – und zwischendrin
ein sprichwörtlich gewordenes Heißgetränk. „Den berühmten
Pausentee, meist mit Pfefferminzgeschmack, gab es bei uns
tatsächlich. Wenn wir zur Halbzeit in die Kabine kamen, dann
hatte Wolfgang Schoenke ihn schon bereitgestellt. Der hat
wirklich geholfen.“ mg
Ballverteiler mal anders:
Peter Kleeschätzky.
Burkhard Kick 1992
Zweite Liga pur: Holger Ballwanz in Aktion 1996.
Hunde- und Katzenfreunde: Die VfL-Ersatzspieler 1996. Wir gehen trotzdem raus: Wintertraining am Elsterweg.