Auf Fernbeziehung folgt die Hochzeit
2015 wechselte Dominique Janssen nach drei durchaus erfolgreichen
Spielzeiten bei der SGS Essen – Highlight war die Teilnahme
am DFB-Pokalfinale 2014 – auf die Insel. Beim einstigen
englischen Top-Klub Arsenal Ladies (aus den Ladies sind mittlerweile
Women geworden) entwickelte sie sich nicht nur zu einer
der besten Abwehrspielerinnen der Liga, sie fand auch ihr privates
Glück. Der US-Soldat Brandon Bloodworth tourte nach einem
Auslandseinsatz in Jordanien durch Europa und begegnete in
London seiner heutigen Ehefrau. Das junge Paar überstand zwei
Jahre Fernbeziehung, ehe Brandon nach London zurückkehrte –
und dann wurde geheiratet. Die in den Niederlanden erfolgte
Eheschließung wurde wie üblich in einer Heiratsurkunde dokumentiert.
Was fehlte, war lediglich die Namensänderung in den
persönlichen Ausweispapieren, an die Dominique nicht gedacht
hatte. Aber das ist der entscheidende Punkt in der Geschichte.
Strenge Regelung in Deutschland
Ebenso entscheidend ist: Was bei Wettbewerbsspielen für FIFA
und UEFA auf dem Trikot steht, muss nicht zwingend etwas mit
dem in den Ausweispapieren dokumentierten Namen zu tun
haben. In der Spielberechtigungsliste gibt es u.a. die Unterscheidungen
„First Name“, „Last Name“ und „Shirt Name“ – und letztgenannte
Kategorie kann in einem Freitextfeld manuell geändert
werden. Auch in der englischen Profiliga gilt dieses Prinzip. So
war es bislang kein bürokratischer Akt, dass Dominique Janssen
trotz noch nicht eingetragener Namensänderung mit dem Namen
Bloodworth auflaufen konnte. Nun aber nach Deutschland, dem
Land der Verordnungen und Paragraphen. Grundlage für eine
Spielberechtigung ist hier der Spieler(innen)pass, der beim jeweiligen
Landesverband beantragt wird. In diesem Pass hat zwingend
der im Ausweis eingetragene Namen zu stehen. Und dieser Name
ist in der Folge auch Grundlage für die Spielberechtigungslisten
von DFB (Frauen) und DFL (Männer). „Shirt Name“? Fehlanzeige!
Einziges Schlupfloch: Ist im Ausweis in Künstlername vermerkt,
kann dieser auch auf dem Trikot stehen. Der Herthaner Andreas
„Zecke“ Neuendorf ging vor vielen Jahren diesen Weg, um seinen
Spitznamen auf der Spielkleidung tragen zu dürfen.
Behördengang steht noch aus
Ein Weg, den Dominique Bloodworth nicht gehen möchte. Das
Ziel ist klar: „Alle sollen wissen, dass ich Dominique Bloodworth
heiße“, so die Vize-Weltmeisterin. Der Weg dahin führt entweder
über das niederländische Konsulat in Berlin oder eine Behörde
in ihrer Heimat. „Es ist nicht so einfach, einen Termin in Berlin zu
bekommen – und bei unserem Programm haben wir nicht viele
Lücken im Kalender“, beschreibt die 24-Jährige die Problematik.
Wahrscheinlicher ist, dass sie bei einer der nächsten Abstellungsphasen
einen Abstecher auf ein niederländisches Amt macht, um
die versäumte Eintragung nachzuholen. Dass es ausgerechnet
in Deutschland zu dieser Namenskonfusion kommt, wundert
Bloodworth nicht: „Hier gibt es schon sehr viele Regelungen“,
weiß die Niederländerin aus Erfahrung. Dabei gilt sie im Kreis ihrer
Oranje-Teamkolleginnen quasi als Deutsche: Ihre Heimat, die nahe
der deutschen Grenze gelegene Provinz Limburg, ist unter Niederländerinnen
als „Ausland“ verpönt. Und ihre Essener Jahre sowie
ihr aktueller Lebensmittelpunkt tun ihr Übriges.
Kniffel-Runde mit Teamkolleginnen
Im Kreis ihrer Wölfinnen-Teamkolleginnen hält sie hingegen die
Oranje-Fahne hoch: Gelegentliche – natürlich nicht ganz ernst
gemeinte – Sticheleien zwischen ihr und den deutschen Spielerinnen
sind an der Tagesordnung. Es handelt sich eben um eine
gewachsene Rivalität, die gelebt werden will. Unabhängig davon
hat sich Dominique Bloodworth längst im Team eingelebt. Die
Kniffel-Runde mit Noelle Maritz, Zsanett Jakabfi, Joelle Wedemeyer
und Anna-Lena Stolze war bereits im Hause Bloodworth
zu Gast und auch sonst stimmt der Wohlfühlfaktor. Dass Wolfsburg
schwer mit London zu vergleichen ist, hat sie nicht wirklich
überrascht. Eines hat die Stadt an der Aller der Metropole an der
Themse jedoch voraus – und diesen Vorzug weiß die Niederländerin
besonders zu schätzen: die kurzen Wege. „Ich bin überall
in zehn Minuten.“
Große Ziele mit den Wölfinnen
Wechsel aus der englischen in die deutsche Liga sind selten,
weitaus häufiger wurde in den letzten Jahren die gegensätzliche
Richtung eingeschlagen. Für Dominique Bloodworth ist
der Wechsel zum VfL Wolfsburg dennoch ein Schritt nach vorne.
Beim Champions-League-Auftakt der Wölfinnen im Kosovo
absolvierte Bloodworth – auch mit Bloodworth auf dem Trikot –
ihr erstes Spiel in der Königsklasse. Und klar soll es nicht nur bei
Einsätzen bleiben: „Mein Onkel hat früher gesagt, ich müsse nach
Duisburg gehen. Die seien gut und da würde ich die Champions
League gewinnen“, erinnert sich Bloodworth. „Jetzt bin ich beim
VfL Wolfsburg und mein Ziel ist klar. Mit diesem Team können wir
Titel gewinnen und dazu will ich beitragen.“ Am liebsten, fügt sie
noch hinzu, den „großen“ Titel. Großes steht auch im nächsten
Sommer an, wenn die Oranje-Frauen beim Olympischen Fußballturnier
in Tokio antreten werden. Mit den Niederländerinnen
wird auch dann wieder zu rechnen sein – vielleicht gelingt dem
Europameister und WM-Vize ja der nächste Coup. Eines steht jetzt
schon fest: Unter den fünf Ringen wird Dominique Bloodworth
definitiv auch als Dominique Bloodworth auflaufen. dz
In der niederländischen Nationalmannschaft darf Dominique Bloodworth mit dem
Namen ihres Ehemannes auflaufen.
Die Namensänderung muss noch eingetragen werden, doch ihr Trikot hat
Dominique Bloodworth schon mal beflockt.
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