Haben Sie ihn noch als Fußballer vor Augen? Was war er
für einer?
Hoeneß: Meiner Meinung nach war er technisch sehr
versiert, stark in der Torvorbereitung und außerdem –
darauf haben wir beispielsweise bei Spielerverpflichtungen
immer sehr geachtet – unheimlich abschlussstark.
Wie haben Sie grundsätzlich den VfL Wolfsburg zu
dieser Zeit wahrgenommen? Die Wölfe waren nach dem
Aufstieg 1997 ja noch recht frisch in der Bundesliga.
Hoeneß: Sicherlich hatte der VfL damals noch etwas
andere Ambitionen, als es heute der Fall ist. Ich kann mich
noch gut an das alte Stadion erinnern, wo man mitten
zwischen den Fans gestanden hat und auch an dieses
VIP-Zelt in der Nähe der Haupttribüne. Ich mochte das
irgendwie. Da ich immer gern unter Leuten gewesen bin,
hat es mir Spaß gemacht, in dieser Atmosphäre meine
Bratwurst zu essen.
Die Bayern hatten bis dahin – mit Ausnahme von Siegfried
Tietz und Willi Giesemann in den späten 50er Jahren –
noch nie einen Spieler vom VfL Wolfsburg verpflichtet.
Man sagt aber, es fehlte nicht viel, und Nowak wäre der
erste gewesen. Können Sie das bestätigen?
Hoeneß: Zumindest weiß ich noch, dass wir uns seinerzeit
mit Krzysztof beschäftigt haben, weil auch uns seine
überragenden Fähigkeiten natürlich aufgefallen waren.
Ottmar Hitzfeld, unser damaliger Trainer, hat sehr viel von
ihm gehalten. Und die Trainer haben bei uns immer das
Vorschlagsrecht. Daran kann ich mich genau erinnern: Der
Ottmar hätte ihn gerne gehabt.
In welcher Situation waren die Bayern zu der Zeit, als
Nowak kommen sollte?
Hoeneß: Für uns war es keine überragenden Phase, aber doch
eine ziemlich gute. 1999 hatten wir das Drama in Barcelona
erlebt und sind dann zwei Jahre später mit fast der gleichen
Mannschaft Champions-League-Sieger geworden. In der
Bundesliga waren wir das dominierende Team.
Zustande kam der Transfer bekanntlich nicht, stattdessen
begann bald Nowaks Leidensgeschichte. Wie haben Sie
davon erfahren?
Hoeneß: Warum wir nicht mehr weitergebohrt haben und
ob die Krankheit der Grund dafür war, das bekomme ich
nicht mehr zusammen. Ich bin aber ziemlich sicher, dass ich
nicht aus den Medien davon erfahren habe. Bestimmt hat
Peter Pander, zu dem ich immer ein sehr gutes Verhältnis
hatte, mich vertraulich informiert.
Hatten Sie von ALS jemals vorher gehört?
Hoeneß: Damals war die Erkrankung des Bruders meines
Schwiegersohns noch nicht bekannt. Ich kannte die
Krankheit, hatte mich damit schon einmal beschäftigt, aber
richtig intensiv erst Jahre später, als die Diagnose in meiner
Familie auftrat. Seitdem kenne ich mich in diesem Thema
gut aus.
In der Geschichte der Bundesliga sind auch andere aktive
Spieler ums Leben gekommen. Maurice Banach ist ein
bekanntes Beispiel, außerdem Robert Enke natürlich. Mit
Kuriose Szene: Die Bayern haben Nowak schon im Visier. Statt dessen wechselt deren Spielmacher
Stefan Effenberg (rechts) später zu den Wölfen und übernimmt Nowaks Rückennummer 10.
Da ist die Welt noch in Ordnung: Nowak beim Jubel mit Zoltan Sebescen über sein
Tor zum 2:0 im Heimspiel gegen den 1. FC Köln (Endstand 6:0) im Oktober 2000.
Es soll sein vorletzter Ligatreffer im VfL-Trikot sein.
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