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Unter Woelfen | Ausgabe 13 | Saison 2016/2017

Es gibt ja im modernen Fußball immer wieder die Diskussion, ob ein Profi-Trainer eigene Erfahrung als aktiver Profi braucht oder auch nicht. Wie sehen Sie das? Jonker: Nach meiner 30-jährigen Erfahrung im Fußball geht es nur um eine einzige Sache: Qualität. Manche haben 100 Länderspiele gespielt und sind hervorragende Trainer. Andere haben 110 Länderspiele gespielt und sind keine guten Trainer. Manche haben sehr viel Theorie studiert und können überhaupt nicht trainieren und andere davon sind überragend als Trainer. Ich glaube aber an den besonderen Wert der Zusammenarbeit zwischen ehemaligen Profis und Trainern, die gut ausgebildet sind. Ich glaube, dass eine solche Zusammenarbeit das Beste für die Spieler ist. Das Nachwuchszertifizierungssystem der UEFA und der Bundesliga wurde ursprünglich vom niederländischen Verband mitentwickelt, wobei Ihnen eine tragende Rolle zukam. Wie kam es dazu? Jonker: Das Ganze basiert nicht allein auf meiner Arbeit, daran haben vor mir bereits einige andere Leute gearbeitet. Im Jahre 2000 haben wir uns im Verband mit der Zukunft des holländischen Fußballs beschäftigt. Deshalb haben wir einen Masterplan entwickelt. Louis van Gaal hat als Nationaltrainer und Sportdirektor zu mir gesagt: Du bist Nationaljugendtrainer und ich möchte, dass du diesen Plan ausarbeitest. Er und zwei andere Profitrainer haben mich damals dabei unterstützt und zur zentralen Frage wurde schnell: Wie bekommen wir es hin, dass die Jugendausbildung sich verbessert? Dann haben wir einen Plan erstellt, mit Hilfe dessen die Vereine darüber nachdenken sollten, was sie selbst eigentlich dafür tun. Louis hat sofort gesagt: Punkt eins ist die Philosophie! Damit hatte er recht, das ist auch so. Punkt zwei war: Man muss die richtigen Voraussetzungen kreieren. Erst dann folgt Punkt drei: Man muss Spieler haben. Ohne die Philosophie ist alles hinfällig, ohne passende Voraussetzungen ebenso. Somit ging es darum, die richtigen Voraussetzungen Spielmacher | 37 zu schaffen: Unterricht, psychologische Begleitung, Ernährung, Transport – das alles sind Sachen, die irgendwie dazugehören. Auf Basis dieser vier Bausteine haben wir eine Zertifizierung entworfen, die wir nach dem bekannten Sterne-Hotelsystem systematisiert haben: Vier Sterne sind das Beste, fünf Sterne bekommen nur die allerbesten Vereine hin. In Holland mussten dann alle Vereine einen entsprechenden Fragebogen ausfüllen und dann haben wir das beurteilt, so dass die Vereine ihre Sterne erhielten. Und inzwischen gilt dieses Zertifizierungssystem in ganz Europa… Jonker: Ja, das wurde dann von der UEFA und fast allen europäischen Ländern übernommen. Es war spannend zu sehen, dass eigene Grundgedanken zu einer solch riesigen Sache wurde. Eigentlich war das damals nur als Impuls für die Jugendausbildung gedacht – eigentlich nur, um die Arbeit in Holland zu verbessern. Und jetzt ist es ein Kontrollsystem für den gesamten europäischen Jugendfußball. Das ist schön und freut mich natürlich. Bedeutet sportlicher Erfolg für Sie dann auch mehr als möglichst viele Punkte als Mannschaft zu sammeln? Also zum Beispiel zu sehen, wie sich ein Spieler individuell entwickelt? Jonker: Natürlich. Es zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben, viele verschiedene Sachen gemacht zu haben. Es ist doch immer so im Leben, dass man seine persönliche Befriedigung daraus zieht, eine Sache hinzukriegen. Das kann die Realisierung eines Masterplans sein und Dutzende von Verantwortlichen von dessen Richtigkeit hundertprozentig zu überzeugen. Das fühlt sich an wie ein Sieg. Wenn du einen jungen Spieler über Jahre ausbildest und er erfolgreich wird, dann ist das auch ein Sieg. Genauso, wie wenn man mit seiner Profimannschaft gewinnt. „Wenn du einen jungen Spieler über Jahre ausbildest und er erfolgreich wird, dann ist das auch ein Sieg. Genauso, wie wenn man mit seiner Profimannschaft gewinnt.“ Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite. Unter Wölfen


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