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Unter Woelfen | Ausgabe 1 | Saison 2016/2017

Das beste Beispiel dafür war wahrscheinlich dein Einsatz im Viertelfinale der Europameisterschaft gegen Italien, als du den Ball erst stark an der Außenlinie behauptet und Bruchteile später mit einem Steilpass das 1:0 eingeleitet hast. Das ist eine Szene in einem ganzen Spiel. Ich habe nur versucht meinen Job zu machen. Wenn der Ball nicht reingegangen wäre, dann würde heute niemand mehr von dieser Situation sprechen. Lass uns kurz über deine Erfahrungen in der Türkei sprechen. Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen der Bundesliga und der türkischen Süper Lig? Was die drei großen Mannschaften der Türkei machen, ist in der Bundesliga-Standard. Bei den kleineren Mannschaften der Süper Lig fehlt gerade das schnelle Umschalten, weshalb sie nicht so erfolgreich sind. Insgesamt ist das Liganiveau nicht so hoch. In der Türkei haben acht bis zehn Mannschaften ein richtig gutes Niveau. Insgesamt ist der Fußball dort viel individueller. Es gibt mehr Einzelkünstler, die einfach mal anfangen zu dribbeln. Was die spieltaktische Disziplin angeht, ist es dort mittlerweile auch gut. Oft fehlt sie aber über die kompletten 90 Minuten. Wenn man bis zur 60. Minute kein Tor gemacht hat, ist es oft ein grausamer Kampf um den letzten Zentimeter. Wenn man dann einmal führt, kann es sein, dass ein gegnerischer Abwehrspieler losdribbelt, den Ball verliert und deswegen die Post abgeht. Diese fehlende Disziplin, auch bei einem Rückstand, ist ein großer Unterschied zur Bundesliga. Glaubst du, dass man diese Auslandserfahrung als Profi unbedingt machen sollte? Es kommt immer darauf an, in welcher Situation der Karriere man sich befindet. Als ich mit 28 von Bayern weggegangen bin, war für mich klar, dass ich diese Erfahrung machen will. Ich habe das nun erlebt und weiß, wie es ist. Jetzt habe ich mich auch auf Deutschland und die Bundesliga gefreut. Profifußballer haben das Glück, nach der Karriere erst einmal durchschnaufen zu können und zu schauen, was sie machen wollen. Man kann auch danach noch andere Kulturen kennenlernen. Aber mir hat es als Mensch gut getan, die Einstellung der Menschen in anderen Ländern zum Leben zu sehen. Das ist mein persönliches Fazit und das sollte jeder für sich entscheiden. Ich hatte das Bedürfnis und den Wunsch, deshalb habe ich es gemacht. Ich will es nicht missen, aber ich finde man kann nicht sagen, jeder muss im Ausland gespielt haben. Man sollte immer da spielen, wo man sich wohlfühlt. Jetzt bist du gegen den 1. FC Köln erstmals in einem Pflichtspiel gefordert. Die Kölner sind genau wie die Wölfe mit einem 2:0-Sieg in die neue Spielzeit gestartet. Wie schätzt du sie ein? Köln ist eine Mannschaft, die in der Form schon eingespielt ist und keine allzu großen Veränderungen hatte. Dort wird mittlerweile auch mit Professionalität und Ruhe gearbeitet. Das war nicht immer so. Aus meiner Zeit in der Bundesliga weiß ich noch, dass im Kölner Umfeld immer etwas Hektik und Stress herrschte. Aber es scheint von außen betrachtet, als wäre mit Peter Stöger und Jörg SPIELMACHER | 33 Schmadtke Ruhe eingekehrt. Köln ist ein gefährlicher Gegner, es ist immer schwer, gegen so eine Mannschaft zu gewinnen. Sie haben das erste Spiel in der Bundesliga gewonnen. Wir müssen vorsichtig sein. Der Trainer wird uns aber gut vorbereiten. In der Bundesliga gibt es ohnehin keine einfachen Spiele mehr, trotzdem wollen wir die drei Punkte. Der FC ist vermutlich eher ein tiefstehender Gegner und kann auf eine funktionierende Defensive setzen. Welche Auswirkungen hat das auf den Stürmer? Man darf bei Ballbesitz nicht hektisch werden und sich zu viele Ballverluste erlauben, sonst wird man von diesen Mannschaften gnadenlos ausgekontert. Wir brauchen Ruhe und Gelassenheit im Spiel. Das wird vielleicht kein Offensivspektakel, aber am Anfang der Saison ist es wichtig zu gewinnen und die Punkte einzufahren. Wir müssen defensiv gut stehen, das hat die Mannschaft in Augsburg auch überragend gemacht. Vorne sind wir jederzeit in der Lage, ein Tor zu machen. Solltest du im ersten Spiel treffen, auf welchen Jubel dürfen sich die Wölfe-Fans freuen? Deinen Torero-Jubel hat man in den vergangenen Jahren gar nicht mehr gesehen… Da war ich auch noch 23 oder 24 Jahre alt. Ich jubele einfach gerne mit meinen Mitspielern, bedanke mich bei dem Spieler, der mir den Pass gegeben hat. Ich glaube nicht, dass ich den Torero-Jubel noch einmal auspacke. Aber lassen wir uns überraschen… (augenzwinkernd) Abschließend noch eine Frage zu deiner Rückennummer: Mittelstürmer tragen in der Regel gerne die Nummer 9. Wie kamst du zu deiner Trikotnummer 33? Meine erste Nummer in der Jugend war die 45, aber die hat nicht getaugt. Niemand trägt die 45 (schmunzelnd). Die 3 war meine Lieblingszahl, daher kam die 33. Für den VfL Wolfsburg hätte ich auch mit einer anderen Rückennummer gespielt. Glücklicherweise war die 33 aber zu haben und deswegen war es ganz klar, dass ich mich für sie entscheide. UNTER WÖLFEN


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