FUSSBALL HINTER MAUERN
VfL-TRADITIONSTEAM TRIFFT BEIM FREUNDSCHAFTSSPIEL IN DER JVA
WOLFENBÜTTEL AUF EINE MANNSCHAFT AUS GEFÄNGNISINSASSEN
Dass sie eher auf fremden Plätzen als zu Hause antreten,
sind die VfL-Legenden gewohnt. In diesem Fall aber stellt
sich die Frage des Heimrechts ohnehin nicht. Dienstag,
16. Oktober, 2018: In einer Seitenstraße der Wolfenbütteler
Innenstadt treffen sich auf dem Parkplatz eines wuchtigen
Gebäudes am späten Nachmittag elf Spieler des VfLTraditions
teams für eine außergewöhnliche Expedition.
Einige wenige von ihnen waren vor ein paar Jahren schon
einmal hier. Alle anderen staunen erst einmal über die
zentrale Lage der Einrichtung, die mit den übrigen Altstadtbauten
äußerlich gut harmoniert. Was man als Ortsfremder
nicht unbedingt ahnt: Während einen Steinwurf entfernt
die Menschen mit Einkaufstüten durch die Gassen
bummeln, sitzen hinter diesen dicken Mauern rund
280 Strafge fangene ein. Etwa ein Dutzend von ihnen hat
diesem Tag entgegengefiebert. Denn zur Abwechslung
vom rauen Knastleben dürfen sie gegen ehemalige
Bundesliga-Größen Fußball spielen.
Handys müssen draußen bleiben
Ein gewaltiges Eisentor öffnet sich im Zeitlupentempo und
gibt einen Spalt frei in die unsichtbare Verbrecherwelt,
so kennt es man es aus dem Fernsehen. Hier lukt statt
dessen ein freundlicher Mann aus einem recht gewöhnlichen
Besuchereingang heraus. Gleich als Andreas Rehr,
der den Termin gemeinsam mit Roy Präger auf die Beine
gestellt hat, die Gäste daraufhin durch die erste
Sicherheits schleuse lotst, überkommt einen jedoch ein
Gefühl der Beklemmung. Das Geräusch der klappernden
Schlüssel und einrastenden Metalltürenschlösser hängt
manchem noch eine Weile im Ohr. Handys, Portemonnaies
und andere Wertsachen kommen ins Schließfach. Ehe die
Wölfe- Truppe in die Umkleide geleitet wird, nehmen sich
Rehr, hauptamtlicher Bediensteter des Bereiches „Gefangenensport“,
und seine Kollegin aber gern noch die Zeit für
einen schaurig-interessanten historischen Exkurs.
Schauplatz mehrerer Kinofilme
Denn die Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel ist ein sehr,
sehr alter Ort. Teile der Anlage gehen bis ins ausgehende
Mittelalter zurück. Seit 1609 werden hier Sträflinge inhaftiert.
Während der Nazizeit gab es kurze Prozesse in Form
Lesen Sie weiter auf Seite 79.
Interessante Erfahrung: Das Traditionsteam des VfL Wolfsburg hinter schwedischen Gardinen.
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