Vor nicht allzu langer Zeit galt Kokosfett in Kaffee als
Fit-Macher. Dazu gibt es auch andere kuriose Tipps, wie drei
Eier oder alternativ eine Dose Tunfisch am Tag. Haben Sie
selbst mit solchen Trends Erfahrungen gemacht?
Labbadia: Ein frisch aufgeschlagenes Ei zu trinken, war lange
Zeit angesagt. In einem der Rocky-Filme gibt es da eine
berühmte Szene. Meiner Meinung nach muss Ernährung ausgewogen
sein und auch schmecken. Man muss versuchen,
auf Dinge zu achten und trotzdem einfach mal sagen: Das
gönne ich mir.
Kommen wir mal ein bisschen von dem Thema der
Ernährung
weg. Wie viel hat sich generell in der Trainingssteuerung
oder Spielanalyse seit Ihrer Zeit als Spieler getan?
Labbadia: Es ist viel umfangreicher geworden. Der Input,
den du liefern musst, ist wesentlich größer geworden.
Und das bei der gleichen Kapazität wie früher, nämlich
sieben Tage in der Woche. Davon macht man in der Regel
einen
Tag frei, und ein Tag ist der Spieltag. Addiert um dem
Regenerationstag
sind schon drei Tage weg. Wenn man es
mal genau nimmt, hat man vier Tage zum Arbeiten. Bei uns
spielt neben der Trainingsarbeit die Videoanalyse eine ganz
große Rolle. Unser Positionsspiel hätten wir ohne dieses
Tool nicht so schnell umsetzen können. Es gibt verschiedene
Aufnahmemöglichkeiten
des Spielers. Wir arbeiten da mit
unterschiedlichen Methoden.
Manchmal zeigen wir vorher,
was wir erwarten und trainieren es dann. Dann zeigen wir es
wieder,
damit jeder den Überblick im Einzelnen hat. Wenn
das Trainierte
im Spiel gelingt und wir davon wieder ein
Video zeigen können, ist das als Erfolgserlebnis eine Rückmeldung
an die Spieler. Das sind wahnsinnige Möglichkeiten,
wenn man sie richtig anwendet. Aber es steckt natürlich eine
Heidenarbeit
dahinter.
An einem Zehn-Minuten
Clip kann
man locker einige Stunden sitzen.
Das Problem ist wahrscheinlich, wie bei einem normalen
Videodreh
auch, dass man viele Sachen rausschneiden muss.
Labbadia: Ja, so ungefähr. Aber es geht nicht nur um das
Rausschneiden. Du musst dir jedes Spiel und jedes Training
etliche Male angucken, um die richtige Szene zu finden. Als
Trainer oder Analyst hat man die Szene hoch- und runtergespult
und noch einmal angehalten. In der Sitzung muss
man dann im richtigen Moment sagen: ‚Stopp. Schaut, euch
an, was da passiert ist.‘ Das sind Möglichkeiten, die es zu
meiner Zeit nicht gab und die ich gerne gehabt hätte als
Spieler.
Man erkennt bei der Videoanalyse, wie man sich
selbst verhalten hat und was durch das Verhalten passiert.
Hat es den Fußball verändert?
Labbadia: Der Punkt ist ja der: Diese Hilfsmittel haben
jetzt alle. Aber es wurde natürlich auch früher gute Arbeit
geleistet. Heute hat man als Spieler oder Trainer andere
Möglichkeiten.
Da ist es sicherlich gut, wenn man diese
richtig
anwendet und entsprechend nutzt.
Zum Schluss eine etwas ungeliebte Frage, die aber doch
für Leser immer interessant ist: Wo sehen Sie den VfL nach
dem letzten Saisonspiel?
Labbadia: Das ist schwer zu sagen. Unabhängig von der
Platzierung muss ich sagen, dass die Art und Weise, wie das
Team bisher als Mannschaft komplett geschlossen aufgetreten
ist und wie wir uns fußballerisch gezeigt haben,
schön anzusehen ist. Der VfL als Verein und die Mannschaft
haben einen ganz wichtigen Entwicklungsschritt gemacht.
Dieser Weg muss fortgesetzt werden. Deswegen
möchte ich
in dieser Saison das Optimale aus den Möglichkeiten
herausholen,
die wir haben. Bislang haben wir das noch nicht. Das
sage ich deswegen, weil wir Spiele nicht gewonnen
haben,
die wir hätten gewinnen können. Man merkt natürlich
sofort, wenn Spieler, die für uns sehr wichtig
sind, fehlen.
Das hatten wir auch schon in der Hinrunde. Man darf nicht
vergessen: Wir mussten über ganz lange Zeit auf beiden
Sechserpositionen improvisieren.
Das ist normalerweise
schwierig, aber die Mannschaft hat das klasse aufgefangen.
Mein Ziel ist es, unsere Art von Fußball weiter zu entwickeln
und komplett durchzuziehen: einen dominanten Fußball, aber
auch einen ehrlichen Fußball. Man muss sehen können, dass
die Mannschaft alles gibt, und das hat sie bislang sehr gut
umgesetzt. Diesen Weg fortzusetzen, muss unser Ziel sein.
Wir wollen das Optimum
herausholen.
Wenn das gelungen sein sollte: Was gibt es dann bei Ihnen
zu essen?
Labbadia: (lacht) Das kommt darauf an, worauf ich dann
gerade Lust habe. Definitiv feiere ich besondere Momente
immer mit einem sehr guten Essen und einem Glas Rotwein
dazu. ab/ms
Selten nimmt der Cheftrainer auf der Bank Platz, meist dirigiert er von der Seitenlinie
aus das Geschehen im Spiel.
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