DAS LETZTE
URGESTEIN
Mit Wolf-Rüdiger Krause endete eine Ära der grün-weißen
Denkmäler auf der VfL-Trainerbank. Einen noch größeren Namen
machte er sich bei den Wölfen aber als Spieler.
Zum Abschied hätte der Elsterweg fast noch einmal gebebt. Kurz vor
Abpfiff des letzten Spiels in der Aufstiegsrunde 1988 lag der VfL
gegen seinen Rivalen Eintracht Braunschweig mit 1:2 zurück. Dann
trat Jürgen Mosert, Spezialist für solche Situationen, zum Freistoß an.
„Hätte er den versenkt und der Eintracht den Aufstieg versaut,
Braunschweigs Fans hätten uns die Bude auseinandergenommen“,
sagt Wolf-Rüdiger Krause und lächelt. Dass seine vierjährige
Trainerzeit stattdessen mit einer Niederlage endete, sieht er heute
gelassen. „Aufsteigen konnten wir nicht mehr. Unabhängig davon
stand lange fest, dass ich nicht bleiben würde.“ Wilfried Kemmer,
Imre Farkaszinski und Krause – während der kompletten Dekade
hatten wahre VfL-Ikonen auf der Bank gesessen. Nun sollte ein Mann
mit bundesweiter Strahlkraft probieren, den Klub in die zweite Liga zu
führen: Horst Hrubesch. „Man hat gespürt, dass Volkswagen den
Fußball für sich entdeckte. Die Professionalisierung im Verein ging
langsam los.“
Kopf und Kapitän auf dem Platz
Spuren hinterlassen hat Krause, seit jeher nur „Wölfi“ gerufen, beim
VfL freilich nicht nur als Trainer. Noch immer wird er auf der Straße als
jener Strippenzieher erkannt, der dem Wölfe-Team über Jahre ein
Gesicht gegeben hat. 132 Treffer in 304 Pflichtspielen sind ein
eindrucksvolles Zeugnis seiner neun VfL-Saisons, die mit der Spielzeit
1967/1968 ihren Anfang nahmen. Gemeinsam mit Fredi Rotermund
und dem eingangs erwähnten Kemmer bildete er eine Offensivachse,
die im Norden gefürchtet war. Krause war unumstrittener Führungsspieler,
auf dem Feld der verlängerte Arm seines Ziehvaters
Farkaszinski.
Logisch, dass er das VfL-Team auch einige Jahre als
Kapitän anführte. „Wir hatten wirklich eine richtig starke Truppe. Es
war einfach toll, das Trikot des VfL Wolfsburg zu tragen. Meine
Schon wieder geknipst: Krause (rechts) nach seinem Treffer im Heimspiel gegen den FC St. Pauli
im November 1970. Fredi Rotermund (links) und Dieter Thun freuen sich mit.
Erinnerungen
an die Jahre als Spieler sind deshalb auch viel intensiver
als an die Trainerzeit. Noch heute habe ich zu vielen ehemaligen
Mitspielern intensiven Kontakt.“
Fußball immer an Position eins
Bemerkenswert an Krause sind unter anderem seine Prioritäten, die
er seinerzeit setzte. Dass die VfL-Spieler irgendwann kürzertraten
oder ganz aufhörten, um sich beruflich etwas aufzubauen, gehörte
damals zur Regel. Krause, einst als Deutscher Meister aus
Braunschweig
gekommen, handhabte es anders. „Im Werk hätte ich
es mit Sicherheit auch weiter bringen können, aber dafür hat mir der
Fußball zu viel Freude gemacht.“ In der Waren-Annahme fing der
gelernte Versicherungskaufmann 1968 an. Mitspieler Manfred
Wuttich lotste ihn dann in den Einkauf. Von 1970 an kümmerte sich
Krause als kaufmännischer Angestellter in der Abteilung Bauwesen
und Versorgungsanlagen um Ausschreibungen,
vor allem für
Fördertechnik.
Er holte Angebote ein, erstellte Vergleiche und führte
die Vergabeverhandlungen. Als Unterabteilungsleiter
ging er 2003 in
den Vorruhestand. „Alles in allem war ich hochzufrieden bei
Volkswagen.
Die Arbeit hat mir immer gefallen und ließ sich sehr
gut mit dem Fußball vereinbaren“, bilanziert der 74-Jährige.
Vom Nachbarklub nach Hause geholt
Nahtlos wechselte Krause nach seiner aktiven Laufbahn an die Seitenlinie
und übernahm den MTV Gifhorn. Dass er 1984 VfL-Trainer wurde,
lag daran, dass er dort zuvor mächtig für Furore gesorgt hatte. Als der
MTV unter seiner Führung in der Amateur-Oberliga zeitweise gar vor
den Wölfen rangierte, stand VfL-Fußballchef Günther Brockmeyer,
der Jahre zuvor schon den Mittelfeldstrategen Krause geködert hatte,
wieder auf seiner Matte.
„Auch zu dieser Zeit war
die zweite Liga das klare
Ziel, aber es hat trotz der
Vize-Meisterschaft 1988
leider nicht ganz
gereicht.“ Die Erfahrung,
in einer Aufstiegsrunde
zu scheitern, hatte er
schon 1970 mit den
Wölfen einmal verbucht.
Näher als mit Krause,
der in jenem Jahr
19 Ligatreffer
beisteuerte,
sollte der VfL Wolfsburg
der Bundesliga bis
1997 nie wieder
kommen.
Zwischen „Farka“ und dem „Kopfballungeheuer“: Von 1984 bis 1988 saß Krause auf der
Trainerbank
des VfL Wolfsburg.
35 Jahre im Werk plus 13 Saisons als Spieler und
Trainer am Elsterweg: Krause, der nach wie vor viele
Kontakte zu ehemaligen VfL-Mitspielern
pflegt, lebt
heute in Braunschweig.
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