Almuth, du bist Deutsche Meisterin, Champions League- und
Olympia-Siegerin. Kurzum: Du hast fast alles gewonnen, was es zu
gewinnen gibt. Dennoch scheint es so, dass Koen der bekanntere
Sportler ist. Wie ist das für dich?
Almuth: Das ist richtig, aber er ist auch viel häufiger im Fernsehen
zu sehen. Das ist in Ordnung. Der Männer-Fußball ist viel mehr im
Fokus. Wir sind froh, wenn wir mal ein Spiel haben, dass im TV
zu sehen ist. Wir freuen uns, wenn möglichst viele Zuschauer ins
Stadion kommen, wobei man sagen muss, dass keines unserer
Heimspiele bisher ausverkauft war. Wenn man wie Koen regelmäßig
einer riesigen Zuschauerkulisse spielt, ist es klar, dass man
bekannt ist. Ich glaube aber auch, dass Koen in seinem Leben viel
auf sich nehmen muss, weil wesentlich mehr Menschen an ihm
interessiert sind. Fans wollen Fotos haben, in der Zeitung stehen
ständig
irgendwelche Dinge über ihn und er muss sicher eher achtgeben,
was er in der Öffentlichkeit sagt. Damit habe ich weniger
Probleme. Deshalb hat beides seine Vor- und Nachteile.
Koen: Natürlich gibt es auch diese negativen Dinge, aber das ist
Teil des Berufs. Klar, muss ich aufpassen, was ich mache, wenn ich
privat unterwegs bin. Aber mich stört das nicht und ich sehe es
auch nicht als große Belastung. Ich habe das Fußballgeschäft nie
anders kennengelernt und habe mich daran gut gewöhnt. Was ich
auch an dieser
Stelle mal ergänzen möchte: Ich verstehe
wirklich
nicht, weshalb der Abstand zwischen Männer- und Frauenfußball
noch so groß ist. Dieser Unterschied sollte möglichst
schnell
ausgeglichen werden. Ich habe Europa- oder Weltmeisterschaften
der Frauen geschaut und ich kann keine großen Unterschiede feststellen.
„ICH VERSTEHE WIRKLICH NICHT,
WESHALB DER ABSTAND ZWISCHEN
MÄNNER- UND FRAUENFUSSBALL
NOCH SO GROSS IST.“
Klar, die Bälle werden vielleicht nicht so fest geschossen,
aber die technischen
und taktischen
Fähigkeiten
sind bei den
Frauen echt stark. Der Fußball ist dort sehr attraktiv.
Ist dir dabei auch aufgefallen, dass es beim Frauenfußball
viel weniger Unterbrechungen aufgrund irgendwelcher
Diskussionen
zwischen den Spielern oder Schiedsrichtern gibt?
Koen: Ja, absolut. Und das hat mich natürlich total gewundert.
Ich kannte es ja nicht anders. Aber das ist nur ein weiteres
positives Argument für den Frauenfußball. Es geht nur um den
Fußball, ohne viel Theater.
Man hört häufig, wer im Tor steht, muss auch ein bisschen
verrückt sein, um sich da reinzustellen. Ihr seid beide sehr
geerdete Charaktere. Welche Eigenschaft braucht ein Torwart
oder eine Torfrau wirklich, um richtig gut zu werden?
Almuth: Man braucht auf jeden Fall eine starke Persönlichkeit.
Wenn man im Tor steht, muss man immer vermitteln, dass es
egal ist, wer heute aufs Tor schießt, der Ball wird nicht reingehen.
Auch wenn man verletzt ist, darf man es nicht zeigen.
Ich muss meinen Mitspielerinnen immer vermitteln, dass ich
die Lage im Griff habe und deshalb meinen
Anweisungen in
der Abwehr Folge
zu leisten ist. Kurz gesagt,
man braucht
Selbstbewusstsein.
58 | IM GESPRÄCH