„WIR HABEN GESCHICHTE GESCHRIEBEN“
Wer wurde als Spieler sowie als Trainer Deutscher Meister mit
dem VfL Wolfsburg? Bei dieser Frage dürften selbst eingefleischte
VfL-Fans ins Grübeln geraten. Was natürlich auch daran
liegen mag, dass Patrick Platins beim größten Coup der Vereinsgeschichte
nicht in der ersten Reihe stand. Der 36-Jährige zählte
in der Saison 2008/2009 als dritter Torwart zum Meisterkader,
ehe er die Grün-Weißen im Jahr darauf in Richtung Bielefeld
verließ. 2016 folgte dann, nach Ende der aktiven Karriere, die
Rückkehr an die Aller. Als Torwarttrainer gibt „Plate“ seitdem sein
Knowhow an Almuth Schult und Co. weiter.
Rückkehr in die Heimat
Mit 33 Jahren, im besten Torwart-Alter, hing Platins seine
Handschuhe an den berühmten Nagel. „Mein damaliger Verein
Darmstadt 98 kam nicht auf mich zu, ich wollte aber frühzeitig
meine beruflichen Weichen stellen“, erinnert sich der gebürtige
Allgäuer. Und dann spielte der Zufall ein wenig P(l)ate: Seine Frau,
eine gebürtige Wolfsburgerin, wollte zurück in die Heimat – und
bei den VfL-Frauen wurde eine Trainerstelle frei. „Ich hatte dann
zwei gute Gespräche mit Ralf Kellermann und wir haben festgestellt,
dass es passen könnte.“ Und es passte. „Ich habe mich
riesig gefreut, dass ich so einen tollen Einstieg in den Trainerberuf
hatte. Es macht mir Spaß, Teil eines tollen Teams zu sein und zum
Gesamterfolg beizutragen.“
„Erfolg kam wie eine Lawine“
Wenn Platins über Wolfsburg als seine Heimat spricht, gerät er fast
ins Schwärmen: „Es war immer klar, dass wir hierhin zurückkehren
würden. Hier fühle ich mich wohl, hier fühlt sich meine Familie
wohl.“ Im positiven Gesamtbild haben natürlich auch die Erinnerungen
an die Saison 2008/2009 ihren Platz: „Wir haben damals
Geschichte geschrieben und ich war ein Teil dieser Geschichte. Der
Erfolg kam wie eine Lawine. Wir hatten eine Truppe, in der alles
gepasst hat und dann waren wir nicht mehr aufzuhalten.“ Hin und
wieder gibt es noch Kontakt zu dem einen oder anderen Teamkollegen
von einst. „Mit Edin Dzeko habe ich mich mal zufällig in
Dubai getroffen“, erzählt Platins, der in jener Saison bei den Profis
mittrainierte, aber nur in der U23 auf Spielzeit kam.
VfL-Torfrauen auf internationalem Top-Level
Erste Erfahrungen als Torwarttrainer sammelte Platins bereits
in seiner Endphase bei Darmstadt 98, ehe er zu den VfL-Frauen
stieß. Eine Umstellung? „Im Körperbau gibt’s nun einmal Unterschiede
zwischen Männern und Frauen, das wirkt sich eben auch
auf die Dynamik aus.“ Ansonsten sieht der zweifache Familienvater
keinen Grund, eine Torhüterin im Training „schonender“ zu
behandeln: „Ich nehme keine Rücksicht, schieße genauso hart
wie bei Männern.“ Ohnehin ist es ihm egal, ob er Frauen oder
Männer trainiert: „ Wichtiger ist mir, professionelle Bedingungen
zu haben – und das ist bei den VfL-Frauen der Fall. Hier wird sehr
akribisch gearbeitet.
Das Torwartspiel im Wandel
Wie in vielen anderen Bereichen zuvor vollziehe das Torwartspiel
im Frauenfußball eine Veränderung, die der Männerfußball
vorgemacht habe, glaubt Platins. „Früher warst du ein guter
Torwart, wenn du den Ball weit geschossen hast“, erinnert er sich.
„Heute ist der Torwart der Erste, der am Spielaufbau beteiligt ist.
In diesem Prozess befindet sich der Frauenfußball gerade. Eine
gute Technik zu haben und spielerische Lösungen zu finden, sind
Qualitätsmerkmale, die Torhüterinnen im Spitzenbereich heute
mitbringen müssen.“ Hinzu komme noch die nötige mentale
Stärke – und fertig sei der perfekte Torhüterinnen-Mix.
Autobahnkilometer statt Flugmeilen
„Ich bin noch nicht so lange Trainer und weiß, dass ich noch
vieles lernen kann“, sagt Platins – eine Aussage, die nicht aus dem
Phrasenbuch kommt, sondern die zu seiner bescheidenen Art
passt. Bei Spielerinnen, ebenso wie im Trainerteam wird „Plate“
weniger als Lautsprecher denn als Teamplayer geschätzt. So reiste
er einmal nicht etwa mit dem Team im Flugzeug ins Winter-
Trainingslager: Zusammen mit einem weiteren Fahrer legte er die
Strecke bis an die portugiesische Algarve mit dem Materialwagen
der Wölfinnen zurück. „Das verlangt natürlich keiner von mir,
aber es ist eine witzige Erfahrung!“ Ein Torwarttrainer, der lieber
Autobahn- als Flugmeilen sammelt – das gibt’s wahrscheinlich nur
in einer Autostadt. dz
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WÖLFINNEN