24 LEITWOLF
„FÜHRUNGSFIGUR
DURCH UND DURCH“
EINE LAUDATIO VON WERNER LEUTHARD
AUF DEN MEISTERTRAINER FELIX MAGATH
Schon bei meinem ersten Aufeinandertreffen mit Felix 2001 war
ich von seinem Weitblick und seiner Akribie beeindruckt: Er war
sehr innovativ und in vielen Bereichen der klassische Vorreiter von
Prozessen und Abläufen, die im heutigen Fußball inzwischen Usus
sind – und das alles geräuschlos.
Es ist phänomenal, was Felix in Wolfsburg geleistet hat. Allein die
Tatsache, dass er 2007 zum VfL gegangen ist, der in der Saison
zuvor noch in akuter Abstiegsgefahr gewesen war, und diesen
Verein in Personalunion als Trainer, Manager und Geschäftsführer
in alleiniger Verantwortung bis zur Deutschen Meisterschaft
geführt hat, macht seinen Stellenwert für den VfL deutlich.
Die damalige Drucksituation ob dieser Ämterfülle war enorm.
Natürlich hat er in dieser Zeit nicht nur den Erfolg auf sich
fokussiert, sondern auch jegliche Kritik, die automatisch entsteht,
wenn etwas einmal nicht so geklappt hat. Die physische und
psychische Belastung für Felix war unglaublich. Aber er hat von
Anfang an gewusst, dass er das erfolgreich bewältigen kann.
Felix hat diese enorme Verantwortung auf sich genommen –
und dieses schwierige Projekt hat er dann mit vollster Überzeugung
und Vertrauen in die eigene Leistung und Fähigkeiten von
A bis Z bis zum maximal möglichen Erfolg durchgezogen.
Sein Spitzname „Quälix“ alleine wird Felix übrigens nicht gerecht.
Es war ja immer wieder so dargestellt worden, als ob er die Spieler
„quälen“ würde und dadurch zum Erfolg getrieben hätte. Eine
gute körperliche Verfassung und Leistungsfähigkeit der Spieler ist
allerdings immer die notwendige Basis, um überhaupt erfolgreich
Wettkampfsport zu betreiben. So hatten wir damals statistisch nur
wenige Muskelverletzungen und eine sehr niedrige Rückfallquote
nach der Rehabilitation.
Entscheidender ist doch aber: Wie vermittelt man einer Mannschaft
den nötigen Erfolgshunger? Das Besondere an dem
damaligen Team war, dass es ein gemeinsames Ziel entwickelt,
sich darauf eingeschworen und es mit größter Akribie verfolgt
hat. Als es absehbar war, dass wir um die Deutsche Meisterschaft
mitspielen, sind alle in die gleiche Richtung gegangen, haben sich
untereinander gestützt und dabei eine absolut positive Stimmung
entwickelt. Das war der Schlüssel zum Erfolg. Am Ende ist auch
das ein Verdienst von demjenigen, der diesen Kader zusammengestellt
hat. Und das war eben der Felix.
Manche glauben ja, er sei im persönlichen Umgang etwas
unnahbar. Nein, das ist er nicht. Als Profi kennt er sämtliche Besonderheiten
dieses Geschäfts und muss wertneutrale Entscheidungen
im Sinne des Arbeitgebers treffen. Auch als Mensch ist er total
verlässlich, ehrlich, korrekt und fair. So habe ich ihn kennen und
schätzen gelernt. Egal, zu welcher Tages- oder Nachtzeit: Wenn
jemand ein Problem hatte, konnte er immer zu Felix kommen.
Er stand dann Gewehr bei Fuß und hat versucht, das Problem
zugunsten aller Beteiligten zu lösen. Das sind Attribute einer
Führungsfigur. Und das war er durch und durch.
Das, was mich immer an Felix fasziniert hat, ist diese unglaubliche
Unaufgeregtheit, mit der er mit Dingen umgegangen ist, die zufällig
entstanden sind. Er stand dem immer völlig gelassen gegenüber
und hat daraus kein großes Tamtam gemacht. So gingen wir vor den
Spielen immer mit der Mannschaft gemeinsam spazieren. Einmal
haben wir nicht mehr gewusst, wo wir uns überhaupt befinden
und wie wir wieder zurückkommen. Dadurch entstand ein enormer
Zeitdruck in Hinblick auf das bevorstehende Spiel. Am Ende hat
der Spaziergang dann viel länger als geplant gedauert. Viele wären
in dieser Situation sicherlich nervös geworden, aber Felix hat das
überhaupt nicht tangiert. Er hat das einfach nicht thematisiert und
darüber gelacht. Das Spiel haben wir trotzdem gewonnen.
Werner Leuthard kennt Felix Magath (65) wohl so gut wie kaum ein
anderer unter dessen zahlreichen Wegbegleitern im Fußball- Business.
Der 57-Jährige hat den Wolfsburger „Meistermacher“ als Konditionstrainer
über weit mehr als ein Jahrzehnt begleitet – nicht nur während
Magaths zwei Amtszeiten beim VfL, sondern zudem bei dessen
Stationen in Stuttgart, München, Schalke und Fulham,
wo der Fitness-Guru fester Bestandteil des Trainerstabs
war. Leuthard wäre Magath 2016 auch nach China gefolgt,
hätte er zu diesem Zeitpunkt nicht bereits beim FC Basel
im Wort gestanden. Heute ist der gebürtige Niederbayer
Athletik-Coach bei Eintracht Frankfurt. Leuthard gilt
als einer der Besten seiner Zunft – auch weil er mit
körperlich anspruchsvollen Trainingseinheiten dafür
gesorgt hat, Magaths besonderen Ruf als „Quälix“
quasi aus dem Hintergrund zu zementieren.